Von Allerheiligen zu Alltagsheiligen
- ruedigerfuniok
- 2. Nov.
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Der November ist geprägt von der Erinnerung an unsere Verstorbenen: beim Zusammenfinden am Familiengrab an Allerheiligen (1. November) oder Allerseelen (2. November) bzw. am evangelischen Toten- oder Ewigkeitssonntag (dem letzten Sonntag im Kirchenjahr). Dazwischen liegt der staatliche Volkstrauertag. Anders als bei den früheren Heldengedenktagen wird seit 1952 an diesem Tag an die Kriegstoten und Opfer der Gewaltherrschaft aller Nationen erinnert.
Mir ist wichtig, dass die Verstorbenen, an die wir uns da erinnern, auch von Gott geheiligte Menschen waren, also oftmals echte Vorbilder und kleine Heilige. Was macht solche Alltagsheilige aus?
Papst Franziskus hatte sich diese Frage gestellt und dazu 2018 ein Schreiben verfasst: „Gaudete et exsultate“ (Freut euch und jubelt). Zuerst fragt er sich, wo wir heute vorbildliche Menschen finden und meint: „Oft ist das die Heiligkeit ‚von nebenan’, derer, die in unserer Nähe wohnen.“
Und er nennt fünf Merkmale, die man bei ihnen finden kann:
„Das erste Merkmal ist, auf Gott hin, der uns liebt und trägt, zentriert und in ihm gefestigt zu sein. Von dieser inneren Gefestigtheit her ist es möglich, die Unannehmlichkeiten zu ertragen und zu erdulden, die Höhen und Tiefen des Lebens, aber auch die Aggressionen der anderen“. Die Wirkung dieser Verwurzelung in Gott ist für ihn „Durchhaltevermögen, Geduld und Sanftmut“.
Als zweites Merkmal nennt er „Freude und Sinn für Humor“. In dem Wim-Wenders-Film verrät Papst Franziskus, dass er jeden Morgen das Gebet des Thomas Morus betet: „Herr, schenke mir Sinn für Humor, gib mir die Gnade, einen Scherz zu verstehen, damit ich ein wenig Glück kenne im Leben und anderen davon mitteile.“
Als drittes Merkmal für Heiligkeit nennt Franziskus den Mut zur öffentlichen Rede (parrhesia). Nehmen wir den Journalisten Fritz Gerlich, um dessen Seligsprechung sich die Erzdiözese München bemüht. Die deutschen Jesuiten möchten, dass Alfred Delp seliggesprochen wird. Beide haben in einer dunklen Zeit den Mut zu einer öffentlichen Widerrede zur Nazi-Ideologie gehabt und diesen Mut mit ihrem Leben bezahlt. Auch heute gibt es Situationen, in denen Vorurteile und Hass geäußert werden und wo es Mut zum Widerspruch braucht.
Das vierte Element: „Die Heiligung ist ein gemeinschaftlicher Weg“. Das Leben in Familien, Pfarreien, Ordensgemeinschaften besteht aus vielen kleinen alltäglichen Details, … wo die Mitglieder sich umeinander kümmern“ …und wo Liebe erfahrbar wird.
Und schließlich das fünfte Merkmal: „Der Heilige ist ein Mensch mit einem betenden Geist, der die Kommunikation mit Gott braucht. … Ich glaube nicht an eine Heiligkeit ohne Gebet, auch wenn es sich nicht notwendigerweise um ausgedehnte Zeiten oder intensive Gefühle handeln muss.“
Ich meine, wir sollten uns an diese fünf Merkmale von Heiligkeit erinnern, wenn wir in diesen Tagen an den Gräbern unserer Verwandten oder Freunde stehen. Sicher gibt es da manchen, die ein oder zwei dieser Merkmale in ihrem Leben verwirklicht haben – und so glaubhafte Christen waren, eben: Alltagsheilige. Sie können uns ermuntern, es auch damit zu versuchen: mit Festigkeit und Geduld, mit Humor, mit Mut zur öffentlichen Rede, mit Gemeinschaftssinn und mit Gebet.



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