Pfingsten und die Taube
- ruedigerfuniok
- 31. Mai
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Der Name Pfingsten wird vom griechischen Wort "pentekosté", der Fünfzigste, abgeleitet und bezeichnet den zeitlichen Abstand von 50 Tagen zwischen Ostern und Pfingsten. Das spezifische Ereignis dieses Festes ist die Aussendung des Heiligen Geistes, wie sie die Apostelgeschichte (Apg 2, 1-14) erzählt.
Als der 50. Tag, der Tag des Wochenfestes, gekommen war, waren sie alle beisammen. Da kam plötzlich vom Himmel her ein Tosen wie von einem Wind, der heftig daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie sich aufhielten. Es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich zerteilten, und auf jede und jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Da wurden sie alle von heiliger Geistkraft erfüllt und begannen, in anderen Sprachen zu reden; wie die Geistkraft es ihnen eingab, redeten sie frei heraus.
(Textauszug aus: Bibel in gerechter Sprache © 2006, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, in der Verlagsgruppe Random House GmbH).
Das Alte Testament kennt für den Geist Gottes das Wort „ruah“. Dieses Wort kommt fast 400mal in der Bibel vor und wird fast immer weiblich verwendet. Es bezeichnet ursprünglich den schnellen und hörbaren Atem in der Geburtssituation. So heißt es bei Jesaja (42,14): „Ich hatte sehr lange geschwiegen, ich war still und hielt mich zurück. Wie eine Gebärende will ich nun schreien, ich schnaube und schnaufe.“
Unser Atem ist da, jeden Atemzug unseres Lebens. Ohne ihn ist Leben nicht möglich. Wie es in der Schöpfungserzählung heißt, hat Gott ihn dem ersten Menschenpaar eingehaucht. So ist er ein spürbares Zeichen dafür, wie Gott uns jeden Augenblick unseres Lebens erhält und nahe ist.
Dieser wörtliche Hintergrund wird in der ostkirchlichen Tradition noch deutlich, wo der hl. Geist als „Mutter aller Geschöpfe“ bezeichnet wird und in der syrischen und armenischen Taufliturgie heißt es, dass die Menschen aus dem Mutterschoß des heiligen Geistes geboren werden.
Der Begriff „ruah“ ist wahrscheinlich verwandt mit „rewah“ = Weite. Ruah schafft Raum, sie setzt in Bewegung, führt aus der Enge in die Weite und macht lebendig. So findet sich „ruah“ fast immer zusammen mit Verben der Bewegung und kann dann Wind, Sturm, Atem, Geist, Lebenskraft oder prophetische Gotteskraft bedeuten. In der Rede vom Heiligen Geist, von Gott als Geist, wird also das Wirken Gottes beschrieben. Der Begriff Geistkraft, den die Bibel in gerechter Sprache verwendet gibt diesen Zusammenhang sehr gut wieder.
In der biblischen Erzählung von der Taufe Jesu im Jordan ist die Taube das Zeichen des Heiligen Geistes, die vom Himmel herabkommend auf Jesus blieb, der so von Johannes dem Täufer als „Sohn des Himmels“, als von Gott gesandter Sohn erkannt wird. Das Symbol der Taube ist viel älter als dieser Bibeltext.
In den alten Kulturen Vorderasiens war die Taube das Attribut unterschiedlicher Göttinnen, für die sie Liebesbotschaften überbrachte. In Griechenland war sie der Liebesgöttin Aphrodite heilig. Bei den alten Ägyptern erscheint die Taube als Seelenvogel. Viel später sieht auch der Islam in ihr einen heiligen Vogel, weil sie Mohammed auf der Flucht beschützt haben soll.
Noah lässt nach der Sintflut drei Tauben ausfliegen (Gen 8, 8-12), von denen eine mit einem Ölzweig zurückkehrt. Seitdem gilt sie als Zeichen der Versöhnung mit Gott und als Symbol des Friedens. In der christlichen Kunst ist sie seit dem 4. Jahrhundert ein Symbol des Heiligen Geistes.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Taube zum Symbol der internationalen Friedensbewegung: für den Weltfriedenskongress 1950 wurde eine von Pablo Picasso gezeichnete Taube als Symbol gewählt. Seine Taubenbilder haben dazu beigetragen, dass die weiße Taube als Friedenssymbol weltweit Verbreitung fand. Später hat Picasso in Anlehnung an die Noahgeschichte auch Tauben mit dem Ölzweig gezeichnet.
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