Die Heilige Hildegard von Bingen lebte von 1098-1179. Ihr Gedenktag ist der 17. September. 2012 wurde sie offiziell in den Heiligenkalender der katholischen Kirche aufgenommen, zudem ernannte Papst Benedikt XVI. sie zur Kirchenlehrerin. Sie wurde geehrt als erste Vertreterin der deutschen Mystik, als Beraterin vieler bedeutender Persönlichkeiten, als unermüdliche Seelsorgerin und Predigerin. Die Erhebung geschah, so die Begründung, wegen der von ihr geschaffenen Werke in den Bereichen Religion, Ethik, Medizin, Musik und – Kosmologie! Auch heute ist diese große „Heilige“ des Spätmittelalters wieder so gefragt, weil ihre ganzheitliche Sicht von Gott, Mensch und Kosmos eine tiefe Sehnsucht der Menschen anspricht. In ihren Texten und den nach ihrer Beschreibung gemalten Visionen wird diese Gesamtschau sichtbar. Hier: der Mensch im Jahreskreis; links unten Hildegard als Seherin.
Lebenslauf
1098 wurde Hildegard als Tochter des Edelmanns Hildebert von Bermersheim und seiner Frau Mechthild auf dem Stammsitz der Familie, einem kleinen rheinhessischen Ort in der Nähe von Alzey geboren. Sie hatte neun ältere Geschwister, von denen einige dem geistlichen Stand angehörten.
Auch Hildegard wurde zur Erziehung im Alter von acht Jahren der Klausnerin Jutta von Sponheim auf dem Disibodenberg bei Bad Kreuznach anvertraut, um sie auf das Leben im Kloster vorzubereiten. Dort wurde sie auch von dem Mönch Volmar des benachbarten Klosters unterrichtet, der ihr später bei der Abschrift und Korrektur ihrer Schriften behilflich war.
1122 empfing sie von Otto von Bamberg den Schleier und legte ihre Ordensgelübde als Benediktinerin ab. Als Jutta von Sponheim 1136 starb, wurde Hildegard in ihrer Nachfolge zur Magistra des Konvents gewählt.
1141 hatte sie ihre erste große Vision. Wie ein „feuriges Licht mit Blitzesleuchten“ erlebte sie den Ruf aufzuschreiben, was sie sah und hörte. So entstand ihr erstes literarisches Werk „Scivias – Wisse die Wege“.
In der Sorge um die päpstliche Anerkennung ihrer Schriften wandte sie sich 1146 an Bernhard von Clairvaux. Durch dessen Vermittlung erfolgte ein Jahr später auf der Synode von Trier die Anerkennung ihrer Schrift durch Papst Eugen III, der in der Vollversammlung aus ihren Texten vorlas. Dadurch ermutigt, schuf sie mit Hilfe des Mönchs Volmar in zehnjähriger Arbeit dieses umfangreiche Werk. In dieser Zeit gründete sie auch das Kloster Rupertsberg bei Bingen: als sie 1151 mit achtzehn Nonnen vom Disibodenberg dorthin übersiedelte, empfing das Volk sie mit Jubel. Dort schrieb sie von 1158 bis 1163 ihr zweites großes Werk, das „Buch der Lebensverdienste – Liber vitae meritorum“, in dem es um die ethische Verantwortung des Menschen geht.
Von 1163 an schrieb sie im Laufe von 10 Jahren ihre umfassendste Schrift über die Schöpfung, das „Buch der Gotteswerke – Liber divinorum operum“. Um 1165 gründete sie in den Mauern einer verlassenen Augustinerabtei oberhalb von Rüdesheim am anderen Rheinufer in Eibingen ein weiteres Kloster, das sie dem heiligen Giselbert weihte. Auch dieser Gemeinschaft stand sie vor; sie besuchte das Tochterkloster zweimal wöchentlich per Schiff. Sie unternahm auch zahlreiche Predigtreisen zu Schiff und zu Pferde, die sie nach Lothringen und den Main und den Rhein entlang nach Köln führten. Daneben korrespondierte sie mit zahlreichen Persönlichkeiten; uns sind über 300 Briefe von ihr überliefert, darunter mit mehreren Päpsten und den geistlichen und politischen Würdenträgern ihrer Zeit. Sie war ihnen gegenüber ausgesprochen kritisch. Sogar Kaiser Friedrich Barbarossa, der ihrem Kloster auf dem Rupertsberg 1163 einen Schutzbrief ausgestellt hatte, zog sich ihre Kritik zu, als er durch die Ernennung von Gegenpäpsten ein achtzehnjähriges Schisma heraufbeschwor.
Am Ende ihres Lebens stand 1178 ein Konflikt mit dem Mainzer Domkapitel, weil Hildegard in ihrem Kloster einen exkommunizierten Adligen bestattete, der allerdings in der Beichte losgesprochen worden war. Ein Interdikt wurde über ihr Kloster verhängt, die Kirchentüren wurden verschlossen und es durfte kein Gottesdienst gefeiert und nicht in der Kirche gesungen werden. Nach längerer Auseinandersetzung wurde das Interdikt im Frühsommer 1179 aufgehoben. Nur wenig später am 17. September 1179 starb Hildegard nach längerer Krankheit im Alter von 82 Jahren.
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