top of page

Freut euch!



„Vergiss die Freude nicht!“ so lautete der Titel eines Bestsellers aus den 1970er Jahren (von Phil Bosmans). „Vergiss die Freude nicht“ – das ist eine Abwandlung des Eröffnungsverses vom 3. Adventssonntag: „Freuet euch im Herrn zu jeder Zeit. Noch einmal sage ich euch: Freut euch. Denn der Herr ist nahe“ (Brief an die Gemeinde von Philippi 4, 4-5)

Aber geht das? Wenn man Furcht hat oder traurig ist, kann man sich doch nicht auf Kommando freuen! Doch wir können uns daran erinnern lassen, was uns alles geschenkt ist und darin Gründe für eine tiefe Freude finden. Leben ist uns geschenkt, auch wenn es ein behindertes, eingeschränktes Leben ist; Schönheit kann uns aufgehen und unser Gesicht strahlen lassen; und wenn wir unerwartet Zuneigung erfahren, dann geraten wir in Schwingung, mit Leib und Seele.

Die Psychologie beschreibt Freude als eine primäre Emotion. Sie entsteht als Reaktion auf eine angenehme Situation oder auf die Erinnerung an eine solche. Je nach Intensität äußert sie sich als Lächeln, Lachen oder gar als Freudenschrei. Die innere Freude ist nicht so ausdrücklich erkennbar, geht aber zumeist mit einer Entspannung der Gesichtsmuskulatur einher. Wenn jemand seine Freude zeigt, hebt er die Mundwinkel (der Smiley macht das nach). Bei echter Freude lächelt nicht nur der Mund, es werden auch die Augenringmuskeln aktiviert. Diese können nur schwer vom Willen kontrolliert werden. Beim erzwungenen Lächeln fehlt der Ausdruck rund um die Augen. Die Mimik der Freude ist in allen Kulturen nahezu identisch.

Erich Fromm unterscheidet zwischen „Vergnügen“ als einem kurzzeitigen Hochgefühl – und „Freude“ als dem Gefühl, das man auf dem Weg hin zur menschlichen Selbstverwirklichung verspürt. Und für Psychologen, die unsere Widerstandsfähigkeit in schwierigen Situationen untersuchen, ist Freude ein maßgeblicher Bestandteil, um unsere Resilienz zu trainieren. Aber nochmals: Kann Freude erlernt werden? Sicher: Man kann sich nicht dazu zwingen, man kann sich auf Anhieb glücklicher fühlen. Aber man kann lernen, Dinge zu genießen, wohltuende Beziehungen zu pflegen und dankbar dafür zu sein, was man alles geschenkt bekommen hat.


Elisabeth von Thüringen sagte einmal: „Wo man Liebe sät, wächst Freude empor.“ Freude besitzt man nicht für sich allein, man will sie mitteilen. Jesus erzählt von der Freude des Schäfers, der sein verloren gegangenes Schaf, und von der armen Witwe, die ihren Spargroschen wieder gefunden hat (Lukas-Evangelium 15. Kap.). So ist Freude immer wieder auch Mitfreude – Freude als Teilnahme an der Freude eines anderen – wie Mitleid oder Mitgefühl die Teilnahme an seinem Leid ist. Die Fähigkeit zu Mitfreude ist wesentlich für ein friedliches und harmonisches Zusammenleben.

Mitfreude ist im Spiel, wenn wir Weihnachtsgeschenke aussuchen. Oder wenn wir überlegen, was wir in unseren Weihnachtsgrüßen schreiben. Sie sollen den Menschen, denen wir sie schicken, guttun, ihnen Freude machen. Diese Freude kommt dann auf uns zurück. Das gilt nicht nur für Weihnachten, sondern das ganze Jahr. „Freut euch alle Zeit im Herrn!“ Er ist uns immer nahe. Gibt es nicht jeden Tag einen Grund zur Freude?

Comments


bottom of page