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Ein altes Sehnsuchtsbild

  • ruedigerfuniok
  • 17. Mai
  • 3 Min. Lesezeit


Am Sonntagvormittag (18. Mai 2025) wird der neue Papst Leo XIV. auf dem Petersplatz in Rom in sein Amt eingeführt. Warum braucht es eine eigene Amtseinführung?

Die Antwort von Stefan v. Kempis, Radio Vatikan: „Tatsächlich ist jemand vollgültiger Bischof von Rom und Papst mit allen Rechten und Pflichten ab dem Moment, in dem er die Wahl angenommen hat. Allerdings findet dieser Moment ja im Konklave statt, hinter verschlossener Tür, da sind nur die Kardinäle dabei, die an der Papstwahl teilgenommen haben – und darum holt die Amtseinführung diesen Moment der Übernahme des Petrusdienstes sozusagen noch einmal für die Öffentlichkeit nach. …

Die feierliche Amtseinführung beginnt mit dem Gebet am Petrusgrab. Es macht deutlich, dass hier der Ausgangspunkt des ganzen Papsttums liegt: Dieser Apostel Petrus, der einst mit Jesus durch Galiläa zog, ist auch die Nummer eins in der Papstliste, in seine Schuhe – die ‚Schuhe des Fischers‘ – schlüpft jeder neue Pontifex Maximus. Ein neuer Papst ist also nicht irgendwie Leiter einer wichtigen Behörde, sondern seine Mission ist an den Auftrag geknüpft, den Jesus einst dem Petrus gab: ‚Weide meine Lämmer, weide meine Schafe!‘ Genau dieser biblische Bericht wird am Sonntag als Evangelium genommen, um diese Rückkoppelung des Papstes an Petrus und an die Nachfolge Jesu deutlich zu machen.“

Für das Verhältnis Gottes zu jedem Einzelnen von uns und für sein Verhältnis zur gesamten Menschheit kennt die Bibel die Metapher des Hirten mit seinen Schafen. Vielleicht sind wir so sehr an dieses Bild gewöhnt, dass es leicht seine Aussagekraft verliert.

Wenn Jesus von sich sagt: Ich bin der gute Hirt, so ist das zunächst eine Aussage über Gott durch den Mund Jesu. Der Psalm 23 drückt es so aus:

„Jahwe, der HERR ist mein Hirt, nichts wird mir fehlen.

Er lässt mich lagern auf grünen Auen und führt mich zum Ruheplatz am Wasser.

Meine Lebenskraft bringt er zurück. Er führt mich auf Pfaden der Gerechtigkeit, getreu seinem Namen.

Auch wenn ich gehe im finsteren Tal, ich fürchte kein Unheil;

denn du bist bei mir, dein Stock und dein Stab, sie trösten mich.“

Es gehört zu den jüdisch-christlichen Grundüberzeugungen: Gott lässt mich finden, was ich zum Leben brauche; er führt mich auch aus aller Not heraus. Und er lässt mich finden, was mein Leben schön und leicht macht, was es bereichert. Wenn wir aufmerksam sind, machen wir täglich solche bereichernden Erfahrungen. In ihnen erleben wir Gott als den allumfassend guten Hirten. Er kennt uns und sorgt für uns.

Sind da aber nicht auch die kirchlichen Hirten? Bischöfe und Pastorinnen, Männer und Frauen im pastoralen Dienst, das heißt im Hirten-Dienst? Sie sind zunächst wie alle Glaubenden und Getauften Schafe Gottes, Teil seiner Herde. Sie haben lediglich innerhalb der Herde die besondere Aufgabe, uns auf die Hirtensorge Gottes hinzuweisen und sie erfahrbar zu machen, zum Beispiel in den Sakramenten. Ihre Rituale und Worte, auch ihre Leitungsimpulse können uns helfen, die Spuren der Sorge Gottes zu entdecken, auch in schwierigen Zeiten, mit den Worten von Psalm 23 „im finsteren Tal“. Auf jeden Fall bleiben auch sie Schafe seiner umfassenden Sorge. Das gilt auch vom neugewählten Papst Leo XIV. Viele Menschen, auch Nichtchristen, haben die Hoffnung, dass der Friedenswunsch, mit dem er seine erste Rede begann, Wirkung in unserer Welt zeigen wird.

Die gewaltsamen Konflikte und das feindselige Gegeneinander sind im Mittelteil vom Hirtenkapitel des Ezechielbuches (34, 20-23) angesprochen. Die Hirtensorge Gottes wird dort darin gesehen, dass Gott Recht und Ordnung schafft zwischen den Schafen.

„So spricht Gott, der Herr, zu euch: Ich selbst sorge für Recht zwischen den fetten und den mageren Schafen. Weil ihr mit eurem breiten Körper und eurer Schulter alle schwachen Tiere zur Seite gedrängt und weil ihr sie mit euren Hörnern weggestoßen habt, bis ihr sie weggetrieben hattet, deshalb will ich meinen Schafen zu Hilfe kommen. Sie sollen nicht länger eure Beute sein; denn ich werde für Recht sorgen zwischen Schafen und Schafen.“

Fallen uns bei dieser jahrtausendalten Schilderung nicht aktuelle Beispiele ein? Und spiegelt nicht das große öffentliche Interesse an der Papstwahl die Sehnsucht vieler Menschen nach der Sichtbarkeit einer moralischen Ordnung wider? Danach, dass eine unparteiische Persönlichkeit beharrlich die Rechte aller Menschen auf ein friedliches Zusammenleben einfordert, eine gerechte Verteilung der Güter dieser Erde anmahnt? Mit seinem ersten Grußwort „Der Friede sei mit euch allen“ hat Papst Leo diese fundamentale Sehnsucht ausgesprochen. Der Friede wird von Gott geschenkt – aber wir Menschen müssen ihn tun, für ihn arbeiten und uns nicht durch Rückschläge entmutigen lassen.

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