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Edith Stein



Edith Stein wurde am 12. Oktober 1891 als Tochter jüdischer Kaufleute in Breslau geboren und starb am 9. August 1942 in Auschwitz als katholische Ordensfrau. In der Pubertät hatte sie den Glauben an den jüdischen Gott abgelegt. Hochbegabt, stand für sie das Universitätsstudium an erster Stelle, das sie im Jahr 1916 mit dem Doktorgrad in Philosophie abschloss. Seit 1913 gehörte sie dem engsten Kreis um den Phänomenologen Edmund Husserl an, dessen wissenschaftliche Assistentin sie wurde. Eine weitere akademische Laufbahn blieb ihr jedoch aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit und aufgrund ihres Geschlechts verschlossen. Als Folge einer langen, intensiven inneren Wandlung konvertierte sie zum Katholizismus. Am Neujahrstag des Jahres 1922 empfing sie im südpfälzischen Bergzabern die Taufe. Nach erfolgreichen Jahren als Lehrerin in Speyer, Dozentin in Münster und gefragte Gastrednerin an vielen Orten in und außerhalb Deutschlands trat sie im Oktober 1933 in den Kölner Karmel ein. Ihrem Wunsch entsprechend, erhielt sie den Ordensnamen „Teresia Benedicta a Cruce“ – die vom Kreuz Gesegnete! Im Kloster vollendete sie ihr philosophisches Hauptwerk „Endliches und Ewiges Sein“. Bis zu ihrer Ewigen Profess im Jahr 1938 hatte die Politik der nationalsozialistischen Machthaber das Leben in Deutschland grundlegend verändert. Edith Stein musste befürchten, dass ihre bloße Anwesenheit den Kölner Karmel gefährden könnte. So siedelte sie am Silvestertag des Jahres 1938 in den Karmel nach Echt in Holland um. In Echt beschäftigte sie sich vor allem mit den Schriften des spanischen Mystikers Johannes vom Kreuz. Nachdem die holländischen Bischöfe im Juli 1942 in einem Hirtenbrief öffentlich gegen die Judenverfolgung opponiert hatten, beschlossen die deutschen Machthaber als Racheakt die Festnahme und die Vernichtung aller holländischen Katholiken jüdischer Abstammung. Am Sonntag, dem 2. August 1942, erschienen im Zuge einer landesweiten Razzia zwei Offiziere an der Klosterpforte des Karmels in Echt und verlangten die sofortige Auslieferung von Edith Stein und ihrer Schwester Rosa, die als Tertiarin im Kloster lebte. Über ihren letzten Weg gibt es nur ganz wenige Nachrichten. Endstation war Auschwitz. Dort hatte sie mit vielen Hunderttausenden ein namenloses Ende gefunden. Ihre letzten überlieferten Worte sind: „Komm, wir gehen für unser Volk“. Im Jahre 1987 wurde Edith Stein selig- und 1998 heiliggesprochen.


Texte von Edith Stein:


„Ich bin der Meinung, daß in jedem Menschen, so wie die Potenzen für alle Rassen (...) auch die Potenzen für beide Geschlechtstypen darinliegen. Natürlich sind bei einem Menschen, der nun einmal biologisch ein Weib oder ein Mann geworden ist, auch die seelischen und geistigen Bezirke normalerweise und im großen und ganzen „männlich“ oder „weiblich“ ausgeprägt. Daneben gibt es Männer mit einer weiblichen Gefühlsseele, Frauen mit einem männlichen Verstand oder auch Frauen mit männlicher Willensbestimmtheit usw.“[1]


„Die neueste Zeit zeigt einen Wandel durch das starke Verlangen nach weiblichen Kräften für kirchlich-karitative Arbeit und Seelsorgehilfe. Von weiblicher Seite regen sich Bestrebungen, dieser Betätigung wieder den Charakter eines geweihten kirchlichen Amtes zu geben, und es mag wohl sein, daß diesem Verlangen eines Tages Gehör gegeben wird. Ob das dann der erste Schritt auf einem Wege wäre, der schließlich zum Priestertum der Frau führte, ist die Frage.

Dogmatisch scheint mir nichts im Wege zu stehen, was es der Kirche verbieten könnte, eine solche bislang unerhörte Neuerung durchzuführen.“


„Gott in freier Liebeshingabe anzugehören und zu dienen, das ist nicht nur der Beruf einzelner Auserwählter, sondern jedes Christen: ob geweiht oder ungeweiht, ob Mann oder Frau – zur Nachfolge Christi ist ein jeder berufen. Je weiter er auf diesem Wege voranschreitet, desto mehr wird er Christus ähnlich werden, und da Christus das Ideal menschlicher Vollkommenheit verkörpert, in dem alle Einseitigkeiten und Mängel aufgehoben, die Vorzüge der männlichen und weiblichen Natur vereint, die Schwächen getilgt sind, werden seine getreuen Nachfolger gleichfalls mehr und mehr über die Grenze der Natur hinausgehoben werden. Darum sehen wir bei heiligen Männern weibliche Zartheit und Güte und wahrhaft mütterliche Fürsorge für die Seelen, die ihnen anvertraut sind, bei heiligen Frauen männliche Kühnheit, Fertigkeit und Entschlossenheit.“[2]



Edith Stein sah „im Geiste Gottes, der ausgegossen ist über alle Kreatur, das Urbild weiblichen Seins.“ So formulierte sie folgendes Gebet:


„Du leitest mich gleich einer Mutter Hand, und ließest Du mich los,

so wüsste keinen Schritt ich mehr zu gehen.

Du bist der Raum, der rund mein Sein umschließt und in sich birgt.

Aus dir entlassen entsänk es in den Abgrund des Nichts,

aus dem du es zum Licht erhobst.

Du, näher als ich mir selbst und innerlicher als mein Innerstes

Und doch untastbar und unfassbar und jeden Namen sprengend:

Heiliger Geist – ewige Liebe!“[3]



[1] Edith Stein. Keine Frau ist ja nur Frau. Texte zur Frauenfrage. Hgg. Von Hanna-Barbara Gerl. Herder Freiburg im Breisgau 1989, S. 38 [2] Edith Stein. Keine Frau ist ja nur Frau. Texte zur Frauenfrage. Hg. Von Hanna-Barbara Gerl. Herder Freiburg im Breisgau 1989, S. 120/121 [3] Verborgenes Leben. Hagiographische Essays, Meditationen, geistliche Texte. Edith Steins Werke XI, hg. Von L. Gelber und M. Linssen, Druten / Freiburg 1987, S. 175

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