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Christophorus – mehr als eine Legende

  • ruedigerfuniok
  • 24. Juli
  • 3 Min. Lesezeit
Der heilige Christophorus. Rechter Teil des Flügelaltars Meister der Perle von Brabant, 1467-1468
Der heilige Christophorus. Rechter Teil des Flügelaltars Meister der Perle von Brabant, 1467-1468

Christoph oder Christopher ist ein beliebter Vorname. Sein christlicher Gedenktag ist der 24. Juli. Über das Leben des Namenspatrons gibt es nichts historisch Gesichertes – lediglich, dass bereits 452 in Chalkedon (gegenüber Istanbul) eine Kirche seinen Namen erhielt. Dafür gibt es eine, seit dem Mittelalter beliebte Legende. Sie zeichnet idealtypisch den Entwicklungsweg eines suchenden und dienstbereiten Menschen nach.

Ursprünglich hieß er „Reprobus“, der Verdammte. Er sei nämlich ein Riese gewesen, seine Erscheinung erschreckte viele Leute. Er diente als Soldat zuerst dem König von Kanaan, später dem Anführer des römischen Heeres in Nordafrika. Denn er wollte sich in den Dienst des mächtigsten Herrschers stellen. Aber auch den römischen Heeresführer verließ er nach einiger Zeit, da Reprobus herausfand, dass dieser den Teufel fürchtete. Nun wollte er Diener des Teufels werden. Er fand ihn in der Gestalt eines schwarzen Reiters. aber auch den verließ er wieder, weil dieser Angst vor dem gekreuzigten Jesus Christus zeigte.

Nun wollte er Jesus Christus dienen. Doch wo war dieser finden? Auf seiner langen Wanderung traf er einen Einsiedler, der ihm erklärte: „Du kannst Christus finden, wenn du fastest und betest und seine Gebote hältst!“ Reprobus meinte, er könne zwar jede schwere körperliche Arbeit tun, nur fasten und beten könne er nicht. Daraufhin verwies ihn der Einsiedler auf einen nahen Fluss, an dem der Fährmann gestorben war; ob er nicht dessen Nachfolge antreten könne? 

So wurde Reprobus ein Fährmann, der auf seinen breiten Schultern die Alten und Schwachen über den Fluss trug. In einer Nacht mit Sturm und Regen, trug Christophorus ein kleines Kind über den Fluss, das darauf bestand seine Reise sofort fortzusetzen. Reprobus bemerkte, dass die Last mit jedem Schritt schwerer wurde; auf halbem Wege war er überzeugt, dass seine Kraft versagen und beide versinken würden. Als er endlich doch das entgegengesetzte Ufer erreichte, sagte ihm das Kind, dass er auf seinen Schultern alle Leiden und Sünden der Welt getragen habe. Und das Kind forderte ihn auf, seinen großen Stab in den Boden zu pflanzen. Es wuchs ein wunderbarer Baum daraus und trug Früchte. Reprobus ließ sich taufen und erhielt den Namen Christophorus, „Christusträger“. Später trat er als Prediger auf, was ihn schließlich zum Märtyrertod führte.

Durch welche Elemente dieser Legende kann Christophorus heute ein Vorbild sein?

Reprobus/ Christophorus war ein Mensch, der von Anfang an dienen wollte, möglichst dem größten Herrn – einem, der es verdient, dass man all seine Kraft für ihn einsetzt. Und Reprobus hatte Kraft, körperliche Kraft – so viel davon, dass es zum Fürchten war. Wenn jemand bemerkt, dass alle anderen vor ihm Angst haben, verführt ihn das oft dazu, die anderen zu beherrschen, ihnen Gewalt anzutun, der Größte sein zu wollen. Reprobus war anders – noch bevor er durch die Taufe Christ wurde, verhielt er sich wie ein Jünger dessen, der ein Leben für andere lebte, bis zum Tod.

Dienen bedeutet, wo es nötig ist, den konkreten Bedürfnissen anderer den Vorrang zu geben vor eigenen Zielen und Planungen. Eltern müssen das, alle Berufstätigen, die Kundenfreundlichkeit zeigen sollen, wer einen Pflegeberuf hat, auch ehrenamtliche Helfer/innen. Dienen heißt konkret: aufmerksam und freundlich zu sein, andere zu halten, sie zu stützen – oder beim Gehen zu führen. Und wir tun es mit Respekt, mit Behutsamkeit. Auch wenn es nur ein Kind ist, ein Sehbehinderter, eine Person im Rollstuhl. Dieses Führen, Stützen, Halten und Tragen gilt nicht nur in einem körperlichen, sondern auch in einem seelischen Sinn.

Christophorus bringt wie der antike Charon andere über den Fluss, an dessen anderem Ufer das Jenseits beginnt. Es ist seine Aufgabe, anderen die Angst vor dem reißenden Fluss Styx zu nehmen, ihnen die Kraft zum Erinnern (Mnemosyne) zu geben, aber sie auch zum Vergessen-Können (Lethe) ermutigen; das Leben, wie es gelebt wurde, loszuzulassen. Deshalb hatten und haben Hospize den Namen Christopher.

Christophorus war ein Riese an körperlicher Kraft. Er konnte andere tragen, auch wenn sich das Flussbett ständig veränderte und oft keinen festen Halt gab. Er hatte also Macht, und dennoch machte er die Erfahrung der Machtlosigkeit und wurde fähig, sie zuzugeben.

Christophorus ist ein „grüner“ Mann, der statt zu töten das Leben fördern will, der die nachwachsende Generation, das Kind, im Blick hatte. Der Früchte tragende Stab ist ein Symbol für ein erfülltes Leben für alle Beteiligten.

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