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Angst, Not und Bedrängnis


Gemälde: Annette Hutter


Angst, vor allem eine latente Angst, kennen viele Menschen. Ihre Quellen und der Umgang mit ihr beschäftigen nicht mehr nur Psychologen, auch Soziologen schreiben über sie. Über die Angst vor sozialer Ausgrenzung, vor Verarmung und gesellschaftlichem Abstieg. Diese Ängste haben nicht nur die „alte Mittelschicht“, sondern auch die Anhänger der AfD. Im Osten Deutschlands wählt sie, wer sich als Wendeverlierer fühlt. Aber auch im Westen gibt es viele, die es als Bedrohung erleben, wenn in den Medien „immer nur“ buntere, nicht-traditionelle Lebensformen gezeigt werden. Deshalb sind sie vehement gegen das „Gendern“ in der Sprache.

Und es gibt den Angststress durch Sinnstress, durch Orientierungsverlust und Selbstüberschätzung. Andere sind in ihrer Angst davon überzeugt, dass die Welt vor dem Abgrund steht. Ich erinnere mich noch an die angstvollen Gesichter der Demonstranten gegen die Nachrüstung von atomaren Mittelstreckenraketen in den 1970er Jahren. Heute sind die Klima-Kleber von dieser Endzeitangst geprägt. Sie nehmen alle in Geiselhaft, die nicht wie sie verzweifelt über „den Ernst der Lage“ sind.


Und welche Arten von Angst kennt die Bibel? Es sind in der Tat die sozialen Ängste, die den Glaubenden quälen. In den Psalmen ist da von „Feinden“ die Rede: Menschen, die weniger glauben, und denen es dennoch gut geht. Die sie wegen ihres Glaubens verspotten, und das ohne erkennbare Strafe durch Gott. Diese „Ungerechtigkeit“ macht dem ernsthaft Glaubenden zu schaffen, sie bedrängt ihn. In der Übersetzung von Fridolin Stier beginnt der Psalm 3 so:

Wie viel sind meiner Bedränger geworden – viele, die gegen mich aufstehn.

Viele, die gegen mich sagen: Es gibt keine Rettung für ihn bei Gott.

Gegen diese „Feinde“ werden in den Psalmen häufig Wut und Vernichtungswünsche formuliert:

„Wenn du den Frevler doch umbrächtest, Gott – ihr Blutmenschen, weichet von mir!

Dieser Vers steht gegen Ende des wunderbar vertrauensvollen Psalms 139. Wut auf andere darf also im Gebet sein. Aber nicht sie hat das letzte Wort, sondern das Vertrauen auf Gottes Hilfe:

In deiner Hand sind meine Geschicke – reiß mich aus der Hand meiner Feinde und Verfolger. (Psalm 31, 6)

Weite, was das Herz beengt – aus meiner Angst zieh mich heraus. (Psalm 25, 9)

Und Jesus versichert seinen Jüngern und Jüngerinnen zum Abschied:

In der Welt habt ihr Bedrängnis; aber habt Mut, ich bin Sieger über die Welt. (Johannes-Evangelium 16,33)

Hilft der Glaube also gegen die Angst? Er lässt sie zumindest aushalten.

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