Das Johannes-Evangelium beginnt mit dem Vers: „Am Anfang war das Wort. Ich möchte dem widersprechen: Am Anfang von einem guten Gespräch steht nicht das Sprechen von Wörtern, sondern der Blickkontakt. So ist es bei Stehempfängen, zu denen Erwachsene gehen. Wenn man herumgeht und schaut, in welcher Gruppe oder an welchem Stehtisch man ankommen kann, sucht man Blickkontakt mit jemand aus der Gruppe. Und dann kommt das Zeichen: Ja, komm zu uns! Mehr als Worte sagen also Blicke, Körperbewegungen, Gesten, mit denen wir Zeichen machen: Komm her, hier ist Platz für dich!
Blicke und Körperzeichen sind also etwas Wichtiges, sie können Worte ersetzen oder Gesprochenes interpretieren. Wie ist das aber bei blinden Menschen, die das ja nicht sehen? Sie müssen zum Beispiel von jemand anderem zu einer Gruppe hingeführt werden. Man braucht sie dabei nicht grob anzupacken und herumzerren, es genügt, wenn man sie leicht am Arm führt, um Hindernisse herum, zu der Gruppe, zu die man sie hinführen will. Am Anfang also steht also hier die sanfte Berührung. Und natürlich die Stimme. Blinde Menschen merken sich die Stimmen von Menschen, denen sie begegnen. Sie können mehr als wir heraushören, ob es eine freundliche Stimme ist, bei der sie sich wohl fühlen.
Auch bei uns sehenden und gut hörenden Menschen zeigt die Stimmlage an, was eigentlich gemeint ist. Und ebenso die körperlichen Zeichen, die derjenige macht, der etwas zu uns sagt. Sie sind wichtig, um zu verstehen, was gesagt wird. Untersuchungen zur Wirkung von Vorträgen behaupten, dass der Inhalt eines Vortrags nur etwa 7 % dazu beiträgt, dass man ihn versteht. 38 % der Wirkung und dass man ihn verstanden hat, hängen von der Stimmlage ab, mit der etwas gesagt wird. Und sogar zu 55 % ist es die Körperhaltung der Vortragenden, ihr Blickkontakt zum Publikum und die Gesten, die sie machen. Die Worte sind also nicht alles. Es kommt darauf an, wie man sie sagt, welche Gesten man dazu macht und dass man die Zuhörenden dabei persönlich anschaut.
Neben dem Inhalt betonen die Kommunikationswissenschaftler drei weitere Aspekte an Mitteilungen. Immer, wenn jemand etwas zu einem anderen sagt, sagt er auch etwas über sich. Und er drückt mit aus, in welcher Beziehung er zum angesprochenen Gegenüber steht. Und oft ist die Mitteilung zugleich eine Aufforderung zum Handeln. Alle diese Aspekte kommen unter fachlicher Begleitung zur Sprache, wenn ein Paar nicht mehr miteinander reden kann: Wenn man/frau ständig dem/der anderen vorwirft, er oder sie würde nicht zuhören, einen immer falsch verstehen.
Diese drei Punkte sind auch erhellend, wenn wir in einem Bericht hören, dass Gott sich mitgeteilt hat: Er sagt immer etwas über sich, über seine Beziehung zu uns, und er fordert uns auf, etwas zu tun. Das Weihnachtsevangelium von Lukas erzählt, dass Hirten Engel, die Gesandten Gottes, sagen hören: „Heute ist euch in Betlehem der Messias geboren. Geht hin und schaut, wo ein Kind in einer Krippe liegt!“
Was Gott da über sich sagt: „Ich bin einer, der zu euch kommt in einem Kind.“
Und er sagt etwas über seine Beziehung zu uns: „Fürchtet euch nicht, ich verkünde euch eine große Freude, die allen zuteilwerden soll.“ Wir dürfen ihm trauen, er will aktiv zu unserem Glück beitragen.
Und er sagt auch, was wir tun sollen: „Kümmert euch um das Kind, es braucht eure Hilfe – und freut euch, wenn ihr es gefunden habt!“ Dieses Kind, das auf Hilfe angewiesen ist, kann auch das Kind in uns sein, unsere verletzliche Seite. Die Botschaft von Weihnachten lautet: Gott kommt in jedem Fall als Kind zu uns. Der religiöse Lyriker Angelus Silesius (1624 – 1677) formulierte es so: „Und wäre Christus tausendmal in Bethlehem geboren, und nicht in dir: Du bliebest doch in alle Ewigkeit verloren.“
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