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Advent - Zeit der Engel


Engel von Ute Bergh-Johnson


„Den diesjährigen Advent sehe ich so intensiv und ahnungsvoll wie noch nie. Wenn ich in meiner Zelle auf und ab gehe, drei Schritte hin und drei Schritte her die Hände in Eisen, vor mir das ungewisse Schicksal, dann verstehe ich ganz anders als sonst die alten Verheißungen vom kommenden Herrn, der erlösen und befreien wird.

Und immer kommt mir dabei in die Erinnerung der Engel, den mir vor zwei Jahren zum Advent ein guter Mensch schenkte. Er trug das Spruchband: Freut euch, denn der Herr ist nahe. Den Engel hat die Bombe zerstört. Den guten Menschen hat die Bombe getötet und ich spüre oft, dass er mir Engelsdienste tut.

Der Schrecken dieser Zeit wäre nicht auszuhalten – wie überhaupt der Schrecken, den uns unsere Erdensituation bereitet, wenn wir sie begreifen –, wenn nicht dieses andere Wissen uns immer wieder ermunterte und aufrichtete, das Wissen von den Verheißungen, die mitten im Schrecken gesprochen werden und gelten. …

Der Advent ist trotz allem Ernst eine geborgene Zeit, weil an ihn eine Botschaft erging. … Gottes Boten wissen um den Segen, den der Herrgott auch in diese geschichtlichen Stunden hineingesät hat. … Gläubig harren: aber nicht mehr, weil wir der Erde trauen oder unserm Stern oder dem Temperament und dem guten Mut; nur noch weil wir die Botschaften Gottes vernommen haben und von seinen kündenden Engeln wissen und selbst einem begegnet sind.“

(Quelle: Alfred Delp, Der Mensch im Advent. Hrsg. von Roman Bleistein. Frankfurt a.M.: Knecht 1984, S. 39 – 41)


P. Alfred Delp SJ, war im Auftrag seines Ordens Mitglied des „Kreisauer Kreises“, der sich Gedanken um eine demokratische Nachkriegsordnung machte. Nach dem misslungenen Attentat auf Hitler (20. Juli 1944) wurde P. Delp Ende Juli 1944 verhaftet und am 2. Februar 1945 wegen Hochverrats in Berlin-Plötzensee hingerichtet und verbrannt. In den sechs Monaten seiner Berliner Gefängnishaft schrieb er auf kleine Zettel, die als Kassiber unter seiner Wechselwäsche hinausgelangten, viele wertvolle Texte – „im Angesicht des Todes“, so der Buchtitel der posthumen Veröffentlichung. Seit damals bewegen seine Betrachtungen, auch weil Delp es verstand, seine Sondersituation im Gefängnis mit der allgemeinen geistigen Situation in der Moderne zu verbinden.


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