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Teresa von Avila

Der 15. Oktober ist der Gedenktag der Heiligen Teresa von Avila. Ihre Aussagen inspirieren mich auch noch heute (Wiltrud Huml).

Gemälde von Juan de la Miseria. 1576. Karmel Sevilla.

Einziges authentisches Porträt der Heiligen.



Ich möchte, daß ihr nur dieses eine begreift: Es geht auf diesem geistlichen Wege nicht darum, viel zu denken, sondern viel zu lieben. Was am meisten Liebe in euch weckt, das tut. Vor allem möchte ich die Kontemplativen vor Täuschungen und Illusionen warnen, denen sie häufig erliegen. Ist ihr kontemplatives Gebet echt, so haben sie auch große Liebe; wenn nicht, sind sie keine Kontemplativen.[1]


All das, was uns derart gefangen nimmt, daß wir dabei spüren, wie unser Verstand nicht mehr frei bleibt, sollen wir für verdächtig halten, denn niemals gewinnt man auf diese Weise die Freiheit des Geistes. Eine der Eigenschaften des Geistes ist es nämlich, Gott in allen Dingen zu finden und an sie denken zu können. Alles Übrige ist nichts anderes als eine Versklavung des Geistes, welche außer dem Schaden, den sie dem Leib zufügt, auch die Seele am Wachstum hindert.[2]


Herr meiner Seele! Als Du noch in dieser Welt wandeltest, hast Du den Frauen immer deine besondere Zuneigung bewiesen. Fandest Du doch in ihnen nicht weniger Liebe und Glauben als bei den Männern. Auch befand sich ja unter ihnen deine Heilige Mutter, deren Verdienste uns zukommen und deren Habit wir tragen. Die Welt irrt, wenn sie von uns verlangt, dass wir nicht öffentlich für Dich wirken dürfen, noch Wahrheiten aussprechen, um deretwillen wir im Geheimen weinen, und dass Du, Herr, unsere gerechten Bitten nicht erhören würdest. Ich glaube das nicht, Herr, denn ich kenne deine Güte und Gerechtigkeit, der Du keine Richter bist wie die Richter dieser Welt, die Kinder Adams; kurz, nichts als Männer, die meinen, jede gute Fähigkeit bei einer Frau verdächtigen zu müssen. Aber es wird der Tag kommen, mein König, wo dieses alles bekannt wird. Ich spreche hier nicht für mich selbst, denn die Welt kennt meine Schlechtigkeit, und das ist mir lieb. Aber ich werfe unserer Zeit vor, dass sie starke und zu allem Guten begabte Geister zurückstößt, nur weil es sich um Frauen handelt. (CE 4,1) .“[3]


Wie die Bächlein, die einer sehr klaren Quelle entspringen, rein und lauter sind, so ist es auch die Seele, die in der Gnade lebt. Daß ihre Werke den Augen Gottes und der Menschen wohlgefällig sind, hat seine Ursache nur darin, daß sie jener Quelle des Lebens entspringen, in welcher die Seele wurzelt, eingepflanzt wie ein Baum, der nicht die Frische und Fruchtbarkeit besäße, wenn sie ihm nicht von dorther zuflössen. Dies erhält ihn und macht, daß er nicht verdorrt und gute Frucht bringt.[4]


Denn die Dinge der Seele muß man sich immer in Fülle und Weite und Größe denken.[5]


Sehr wichtig für jede Seele, die sich - viel oder wenig - dem Gebet widmet, ist es, daß man sie nicht in einen Winkel pfercht oder einengt.[6]


Man lasse sie durch all diese Wohnungen wandeln, aufwärts und abwärts und nach den Seiten; denn Gott hat ihr eine so große Würde verliehen. Auch dränge man sie nicht dazu, lange Zeit in einem einzigen Gemach zu bleiben, nicht einmal in dem der Selbsterkenntnis, so wichtig diese ... ist.[7]


Ich möchte ein Gleichnis benutzen, wenn ich auch nicht mehr weiß, woher ich es habe. Wer mit dem geistlichen Leben beginnt, ist wie jemand, der einen Garten anlegen will, damit sich der Herr darin ergehen kann. Sein Grundstück ist wild und voller Unkraut. Seine Majestät selbst rodet es und setzt schöne Pflanzen ein. Dann aber müssen wir uns bemühen, mit der Hilfe Gottes selbst gute Gärtner zu werden und die Pflanzen regelmäßig begießen, damit sie nicht vertrocknen, sondern wachsen, blühen und herrlich duften, damit sich unser Herr daran erfreue. So wird er oft in unseren Garten kommen und sich zwischen den Blumen der Tugend ergehen.

Überlegen wir nun, wie wir den Garten bewässern können. Ich meine, da gibt es vier Arten: Erstens kann man das Wasser in einem Gefäß selbst aus dem Brunnen emporziehen, was eine große Mühe ist. Zweitens kann man sich eines Schöpfrades bedienen, wie ich es manchmal tat; das ist schon weniger anstrengend, und man hat mehr Wasser. Drittens kann man es aus einem Fluß oder Bach ableiten; das ist sehr viel wirkungsvoller, denn die Erde wird besser durchtränkt, und man muß nicht zu häufig bewässern, so daß dem Gärtner viel Arbeit abgenommen ist. Viertens, wir müssen überhaupt nichts mehr tun, weil der Herr es kräftig regnen läßt; und das ist unvergleichlich viel besser als alles Vorhergenannte.[8]


[1] Teresa von Avila. Ich bin ein Weib - und obendrein kein gutes. Ein Portrait der Heiligen in ihren Texten. Ausgewählt, neu übersetzt und eingeleitet von Dr. phil. Erika Lorenz. Herder (1982), 67 [2] Teresa von Avila. Freundschaft mit Gott. Piper-Verlag, München 1987, 199 [3] Teresa von Avila. „Ich bin ein Weib und obendrein kein gutes“. Ein Portrait der Heiligen in ihren Texten. Verlag Herder, Freiburg im Breisgau, 2. Aufl. 1982, 34 [4] Teresa von Avila: Die innere Burg. Hrsg. Fritz Vogelgsang, Zürich 1979, Diogenes-Verlag, S. 27 [5] Die innere Burg, 29 [6] Die innere Burg, 30 [7] Die innere Burg, 30 [8] Teresa von Avila, V II, 6-7, zitiert in: Erika Lorenz: Teresa von Avila. „Ich bin ein Weib und obendrein kein gutes“. Ein Portrait der Heiligen in ihren Texten. Verlag Herder, Freiburg im Breisgau, 2. Aufl. 1982, S. 45



Die erste Kirchenlehrerin: Teresa von Avila (Rüdiger Funiok)


Kundenbewertungen gibt es heute in vielen Bereichen: neben Restaurants und Hotels auch für Hochschulen. Durch Internetabstimmung wird so der Professor oder die Professorin des Jahres gekürt. Demgegenüber beruhen die Bewertungen von kirchlichen Größen auf einer längeren Prozedur. Um zum Kirchenlehrer ernannt zu werden, müssen die Publikationen als rechtgläubig anerkannt sein und eine herausragende Lehre (zu Fragen des Glaubens, der Moral, des religiösen Lebens oder der Mystik) darstellen; zusätzlich müssen ihre Autoren ein heiligmäßiges Leben geführt haben. Es gibt insgesamt 36 solcher Kirchenlehrer, vier davon sind Frauen. Sie kamen erst in den letzten 50 Jahren hinzu – als erste 1970 die Spanierin Teresa von Avila und die Italienerin Katarina von Siena. Es folgte 1997 die jung verstorbene Französin Therese von Lisieux, und 2012 verlieh der deutsche Benedikt XVI. auch Hildegard von Bingen diesen Ehrentitel.


Teresa de Ahumáda, so ihr eigentlicher Name, lebte von 1515 bis 1582, also im 16. Jahrhundert. Mit ihm lassen Historiker die Neuzeit beginnen. Prägend für ihr Heimatland, das sie nie verließ, war die rigorose Katholisierung – die 1481 eingeführte Inquisition spürte Scheinkonvertiten (vor allem aus Judentum) auf, nahm ihnen Bürgerrechte und Besitz. Große Schätze kamen aus den Kolonien in Asien und Westindien, wie Lateinamerika damals noch hieß – im Reich Karls I. (in Deutschland wird er als Karl V. gezählt) ging die Sonne nicht unter. Nördlich der Alpen breitete sich die protestantische Reformation aus, während in den Mittelmeerländern neue Orden (Jesuiten, Theatiner, Oratorianer) gegründet oder alte reformiert wurden, wie die Gemeinschaften des Karmels von Teresa.


Die Zugehörigkeit zu Orden oder Diözesanklerus spielte eine Rolle, die wir uns kaum mehr vorstellen können. „Nach zuverlässigen historischen Schätzungen ist im 16. Jahrhundert etwa jeder vierte Mann in Spanien Priester oder Mönch. Von den übrig bleibenden Männern im heiratsfähigen Alter ist ein großer Teil auf der Suche nach dem Abenteuer hinter Kolumbus her nach Amerika gezogen. Die meisten kommen dort um. Das heißt: Jede dritte junge Frau hat keine Chance, eine Ehe zu gründen.“[1] Der Eintritt in ein Kloster stellte eine reelle Alternative dar – dazu noch eine mit einem gewissen Freiheitsgewinn; denn Ehefrauen standen damals sehr unter der Fuchtel ihres Mannes, vor allem wenn er einen durchschnittlichen Charakter hatte.


Als die zwanzigjährige Teresa beschloss, in ihrer Heimatstadt Avila – einer großen Burg mit 80 Türmen und wollverarbeitendem Gewerbe – in das dortige Karmelitinnen-Kloster von der Menschwerdung einzutreten, war der Vater nicht begeistert. Aber Teresa, die schon als Kind ihren eigenen Kopf und einen Abenteuerdrang wie ihre Brüder hatte, setzte sich durch. Doch schon bald war sie enttäuscht. Sie hatte Einsamkeit und Stille gesucht. Mit seinen 180 Nonnen war ihr Kloster, wie so viele andere auch, eher ein Pensionat zur Versorgung unverheirateter Frauen, mit viel Betrieb, täglichen Besuchern von außen und auch Abwesenheiten einzelner Schwestern. Die Meditationsmethoden lenkten die Gedanken zudem nur auf Tod, Sünde und Hölle. Das aber macht Teresa krank, hatte sie doch schon vor ihrem Klostereintritt im Gebet einen ganz freundschaftlichen Zugang zu Jesus Christus gefunden.


Teresa wurde psychosomatisch krank: Schlaflosigkeit, Magenkrämpfe und Schwindelanfälle. Drei Jahre war sie immer wieder dem Tode nahe, meist bettlägrig und zeitweise total gelähmt. Allmählich besserte sich ihr körperlicher Zustand. In ihrem Inneren entwickelte sich etwas Neues, und sie fand Gleichgesinnte.

Es war 27 Jahre nach ihrem Eintritt, am 24. August 1562[2]. An diesem Tag zog sie mit vier Mitschwestern aus und eröffnete ihr eigenes Kloster San José. Über ihre Schwester und ihren Schwager hatte sie heimlich ein Haus gekauft und umbauen lassen. Diesem ersten Reformkloster in Ávila sollen in den nächsten Jahren 18 weitere folgen. Während Teresas Brüder auf den Spuren des Columbus in das soeben entdeckte Amerika aufbrechen, wird Teresa auf Maultier- und Ochsenkarren unterwegs sein, um ihre Klöster zu gründen. Ihre Entdeckungsreise geht dabei nach innen: in die Seele – die „innere Burg“.


Entgegen der Lehrmeinung, dass Frauen zur Meditation unfähig seien, leitet Teresa die Nonnen ihrer Reformklöster zwei Mal täglich zur schweigenden Meditation an. Ihre Gebetsweise nennt sie „inneres Beten“ und schreibt: „Denn meiner Meinung nach ist inneres Beten nichts anderes als Verweilen bei einem Freund, mit dem wir oft allein zusammenkommen, einfach um bei ihm zu sein, weil wir sicher wissen, dass er uns liebt.“ (Das Buch meines Lebens VIII, 5) „Einfach um bei ihm zu sein“ – die absichtslose Freundschaft mit dem menschgewordenen Gott ist die Mitte und der Brunnen von Teresas Leben. Christus ist es, der ihr in einem Bekehrungserlebnis den Mut gab, sich über die unerträgliche Situation im Kloster und über die Beschränkungen, die ihr als Frau auferlegt waren, hinwegzusetzen. Sie selbst nennt sich nicht Teresa von Ávila, sondern Teresa de Jesús – Teresa von Jesus.


Teresa gehörte zu den drei Prozent der Frauen ihrer Zeit in Spanien, die lesen und schreiben konnten. Ihr Vater besaß eine gute Bibliothek, von der Teresa so sehr profitierte, dass sie gleich zu Beginn ihrer Autobiographie schreibt: „Mein Vater las mit Hingabe gute Bücher, und so besaß er welche in der Muttersprache, damit sie seine Kinder lesen sollten.“ (Das Buch meines Lebens I, 1) Die Bildungsmöglichkeiten für Frauen hatten sich nämlich deutlich verschlechtert, seit Bildung von den Klöstern an die Gymnasien und Universitäten verlagert wurde, zu denen Frauen nicht zugelassen waren. Teresa aber legte auf Gelehrsamkeit und Bildung großen Wert.


Ihre Klöster gründete sie am liebsten in den großen Zentren; sie suchte Beratung bei Gelehrten aus dem Dominikaner- und Jesuitenorden, selbst wenn diese weniger Gebetserfahrung hatten als sie. Sie brauchte Menschen, die reflektieren können, kompetente Gesprächspartner. Einer davon ist der hl. Johannes vom Kreuz, auch er ein Karmeliter-Mönch, der später ebenfalls nach ihren Reformregeln leben wird. Er wird erster Rektor eines Studienkollegs der „unbeschuhten“ Karmeliten (so der Name des Reformzweigs) in der humanistischen Hochburg Alcalá de Henares. Was an Teresa von Avila am meisten beeindruckt, ist ihr Mut, ihrem eigenen Empfinden auf den Grund zu gehen. Mit ihrer Art, die Gelehrten ihrer Zeit mit ihren geistlichen Erfahrungen und mit dem, was sie im Innersten umtrieb, zu konfrontieren, hat sie bei vielen, die ihr begegneten, ein Nachdenken und Umdenken ausgelöst.


Am Übergang zur Neuzeit hat sie ihre Kirche und einzelne Gläubige gelehrt, den „Weg nach innen“ zu gehen und inneres Erleben ins Wort zu bringen. Das war ihr Beitrag zur Erneuerung der Kirche in einer Zeit großer Veränderungen. Ihr Gedenktag ist der 15. Oktober, denn in der Nacht ihres Todes trat die gregorianische Kalenderreform in Kraft. So folgte im Jahr 1582 auf den 4. unmittelbar der 15. Oktober, der Tag ihres Begräbnisses. In ihren Habit eingenäht fand man einen Zettel mit folgendem Gedicht: Nada te turbe, nada te espante; todo se pasa, Dios no se muda. La paciencia todo lo alcanza. Quien a Dios tiene, nada le falta. Solo Dios basta. (Nichts soll dich verwirren, nichts dich erschrecken. Alles vergeht, Gott ändert sich nicht. Die Geduld erlangt alles. Wer Gott hat, dem fehlt nichts. Gott nur genügt.)

[1] Hans Conrad Zander: Warum waren die Mönche so dick? Wahre Komödien aus der Geschichte der Religion. Gütersloh 2005, S. 144. Lesenswert auch Alois Prinz: Teresa von Avila. Die Biographie. München: Insel 2014. [2] Das Folgende verdanke ich einem Text von Andrea Taferner auf: https://katho-nrw.de/fileadmin/primaryMnt/Muenster/Downloads/Teresa_von_Avila_Portrait.pdf

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