Grenzenlos hoffen
- ruedigerfuniok
- 9. Apr.
- 3 Min. Lesezeit

An diesem Mittwoch, 9. April, jährt sich zum 80. Mal die Ermordung des evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer. Geboren 1906 in einem liberal-akademischen Elternhaus, war Bonhoeffer mit 13 Jahren fest entschlossen, Pfarrer zu werden – sehr zum Erstaunen seiner Umgebung. Früh zeigte sich sein außergewöhnliches Talent: Mit 21 Jahren promovierte er, mit 24 habilitierte er sich. Auslandserfahrungen in Barcelona, London und New York prägten sein theologisches Denken. Als er 1939 erneut nach New York reiste, um sich dem heraufziehenden Krieg zu entziehen, hielt er es nicht aus, fern von Deutschland zu sein, und kehrte zurück. In dem Wissen, dass ihn das Leben kosten könnte, schloss er sich dem Widerstand an. Am 9. April 1945 wurde Dietrich Bonhoeffer im Konzentrationslager Flossenbürg auf ausdrücklichen Befehl Hitlers hingerichtet. Seine letzten überlieferten Worte lauteten: „Dies ist das Ende – für mich der Beginn des Lebens“.
Bonhoeffers wohl bekanntester Text ist das auch als Lied vertonte Gebet „Von guten Mächten wunderbar geborgen“. Bonhoeffer hat es in der verschärften Haft zur Jahreswende 1944 verfasst. Nach zwei Jahren Gefängnis hatte er wenig Hoffnung, noch einmal freizukommen. Und er vermisste seine junge Verlobte, die ihn besuchen durfte und der er regelmäßig Briefe schrieb, er vermisste seine Familie und Freunde. Der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer führt dazu in einem Interview aus: "Er sah, wie die Nazis ihren Terror unbeirrt fortsetzten und nicht zu stoppen waren. Deutschland und die christliche Kirche lagen am Boden. In dieser furchtbaren Lage schreibt er dieses Gedicht, mit dem er einen tiefen Glauben zum Ausdruck bringt. … Die ,guten Mächte' sind erst einmal ganz irdische Mächte – nämlich die Menschen seines Lebens, an die er denkt und die er unsichtbar bei sich weiß. Er schöpft aus seiner Lebensgeschichte, die er als großen Schatz in sich trägt. Erst danach spricht er von Gott, der bei ihm ist … Gott bewahrt uns Menschen nicht vor dem Schweren im Leben, nicht vor Leid und nicht vor dem Tod. Aber dieser Gott geht mit, ist dabei, trägt und führt uns durch alles hindurch - und irgendwann einmal in sein unendliches Reich. Dieser Glaube ist Bonhoeffers Kraftquelle."
Von diesem Glauben spricht auch ein Text Bonhoeffers, den er schon in seiner Londoner Zeit (1933 – 1935) verfasst hatte (Dietrich Bonhoeffer Werke, Band 13, Seite 401f):
Ein Glaube, der nicht hofft, ist krank. Er ist wie ein hungriges Kind, das nicht essen, oder wie ein müder Mensch, der nicht schlafen will. So gewiß der Mensch glaubt, so gewiß hofft er. Und es ist keine Schande zu hoffen, grenzenlos zu hoffen.Wer wollte auch von Gott reden, ohne zu hoffen? Wer wollte auch von Gott reden, ohne zu hoffen, ihn einmal zu schauen? Wer wollte von Frieden und von der Liebe unter den Menschen reden, ohne sie einmal in Ewigkeit erleben zu wollen?Wer wollte von einer neuen Welt und einer neuen Menschheit reden, ohne zu hoffen, daß er an ihr teilhaben werde? Und warum sollen wir uns unserer Hoffnung schämen? Nicht unserer Hoffnung werden wir uns einstmals zu schämen haben, sondern unsrer ärmlichen und ängstlichen Hoffnungslosigkeit, die Gott nichts zutraut, die in falscher Demut nicht zugreift, wo Gottes Verheißungen gegeben sind, die resigniert in diesem Leben und sich nicht freuen kann auf Gottes ewige Macht und Herrlichkeit.
Je mehr ein Mensch zu hoffen wagt, desto größer wird er mit seiner Hoffnung: Der Mensch wächstmit seiner Hoffnung – wenn es nur die Hoffnung auf Gott und seine alleinige Kraft ist. Die Hoffnung bleibt.
Die Evangelische Landeskirche in Bayern hat aus ihm das Motto für die Gedenkwoche zu seinem Tod in Flossenbürg genommen: grenzenlos hoffen. Auf https://grenzenloshoffen.de sind weitere Texte und Veranstaltungen zu finden.
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